Auf den Abstand kommt es an!

 

Über meinem Wohnzimmersofa hängt ein kleiner Wandteppich. Kein kostbarer, aber er gefällt mir.

Manchmal betrachte ich den Teppich ganz aus der Nähe. Meine Nase berührt dabei die Wolle. Ich bin dann überrascht, wie durcheinander die Fäden gehen. Ein weißer Knoten und ein roter. Eine dicke Scheife und eine stärkere Erhebung. Aus der Nähe ist das Gesamtbild nicht mehr zu erkennen. Nur noch ein großes Durcheinander aus Wolle und Farben.

Bisweilen sehen meine Tage ähnlich aus. Ein großes Durcheinander von Terminen, Verpflichtungen und Arbeit. Das ganze Bild meines Lebens wird nicht mehr sichtbar. Ich brauch dann dringend eine größere Entfernung von den Niederungen, um wieder den Überblick zu bekommen. Erst dann erkenne ich wieder, daß ich als ganzer Mensch geschaffen wurde und die einzelne kleine Verpfichtung gar nicht so wichtig ist.

Wenn ich mit dem Auge von meinem Wandteppich wieder weggehe erkenne ich eine schöne große Friedenstaube. Der Teppichknüpfer hatte sich das Bild dieser Taube ausgedacht. Wenn ich mein Leben aus der Entfernung betrachte, erahne ich den Entwurf, der dahinter steht.

Die nötige Entfernung zu den großen und kleinen Knoten dieses Tages wünsche ich Ihnen heute!

5.4.90

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