Haushalterschaft (stewartship)

bezeichnet eine Gemeindeaufbaukonzeption nordamerikanischer Kirchen, die etwa seit 1900 das Leben der Gemeinden beeinflußt. Ausgehend vom biblischen Begriff der Haushalterschaft (z.B. 1Kor 4,1; 1Petr 4,10) wird versucht, die Gaben und Fähigkeiten der Gemeindeglieder möglichst sinnvoll ("haushälterisch") in den Dienst des Evangeliums zu stellen. Den Hintergrund der Konzeption bilden die Finanzierungsprobleme freikirchlicher Gemeinden in den Vereinigten Staaten. Damit Geldfragen nicht dominieren, werden alle Bemühungen um das Leben einer Kirchengemeinde in einem Zusammenhang verstanden: Der einzelne Christ ist angehalten, in angemessener Opfer- und Hingabebereitschaft einen Teil seiner Zeit, seiner Fähigkeiten und Gaben, aber eben auch seiner materiellen Güter und finanzieller Mittel zur Verfügung zu stellen.

Die Konzeption der Haushalterschaft verfolgt das Ziel, den liturgischen Gottesdienst aus dem Kirchengebäude in das Leben der Gemeinde und in die Häuser der Menschen zu tragen. Die im Gottesdienst gesammelten geistlichen Kräfte sollen sich als Strom durch die Woche und durch das alltägliche Leben der Gemeindeglieder ziehen. Dabei dient insbesondere ein Besuchsdienst durch Gemeindeglieder bei anderen Gemeindegliedern als Kontaktbrücke zwischen den Gottesdienstbesuchern und allen anderen, die an der liturgischen Feier nicht teilnehmen.

Bei der Vollversammlung des Luth. Weltbundes 1952 in Hannover stellten Vertreter nordamerikanischer Gemeinden die Konzeption vor. In den volkskirchlich geprägten Kirchen Europas wurde daraufhin konzeptionell überlegt, wie das amerikanische Modell adaptiert werden kann. Anders als in den USA mit seiner freikirchlichen Tradition stellte sich in den Teilen Europas, die eine volkskirchliche Tradition besitzen das Problem, dass zwar relativ viele Gemeindeglieder durch ihre Taufe der Kirche angehören, aber die Mehrzahl dieser Menschen den Kontakt zur Gemeinschaft der Getauften verlieren. Um die sog. Kirchendistanzierten an die Gemeinde heranzuführen, sollten Besuchsdienstkreise durch Gemeindeglieder eingerichtet werden. Im Bereich der VELKD führte die Konzeption der Haushalterschaft zu den 22 Thesen einer "missionarischen Kirche", die von der Generalsynode 1958 in Berlin-Spandau verabschiedet wurden.

 

Literatur:

H. Brattgard: Im Haushalt Gottes, Berlin 1964

C. Mau: Stewardship – Haushalterschaft, in: Sammlung und Sendung, FS für H. Rendtorff, Berlin 1958, 280-299

H.H. Ulrich: Theologie der Haushalterschaft, in: Haushalterschaft, FS für L. Geißel, Stuttgart 1982, 24-40

A. Seiferlein